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Die jüngsten Zahlen zur Entwicklung des globalen Geldvermögens sehen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Positiv ist sicherlich zu vermerken, dass trotz der weltweiten Pandemie die privaten Geldvermögen auch in diesem Jahr zulegen konnten.

Für das erste Halbjahr rechnet der Versicherungskonzern Allianz in seinem Global Wealth Report einen Anstieg des weltweiten Geldvermögens um 1,5%. Für das Gesamtjahr könnten, wenn nicht noch irgendetwas Schlimmes passiert, sogar 3% Wachstum zu Buche schlagen. Das ist zwar deutlich weniger als die 9,7% des Vorjahres. Doch wer hätte in den letzten Monaten gedacht, dass es hier überhaupt ein Wachstum gibt.

Allerdings sehen wir zumindest aus unserer Warte einige Entwicklungen, die nicht so zufrieden stimmen. Das gilt insbesondere für die Gewichtung der verschiedenen Vermögensklassen. Denn noch immer wandert ein Großteil der Gelder in Bankanlagen. Da hätte man eigentlich gedacht, dass nach der Finanzkrise den Anlegern bzw. Sparern das Risiko bewusster vor Augen geführt worden wäre. Ganz abgesehen davon, dass ja auch besonders in Europa die Politik alles dafür tut, um die Sicherheit von Bankeinlagen zu unterminieren.

Weiterhin gut im Rennen liegen außerdem Versicherungen und Pensionen, während der gesamte Bereich Wertpapiere immer noch nach seinem absoluten Durchbruch sucht. Ausgerechnet die doch immer als äußerst zurückhaltend geltenden Deutschen scheinen
in den letzten Jahren Wertpapiere als Anlageform endlich entdeckt zu haben. Wobei hier entsprechende Studien zeigen, dass vor allem auch weltweit angelegt wird. Nachdem hier zuletzt ja bekanntlich starke Renditen erwirtschaftet werden konnten, bleibt die Hoffnung vorhanden, dass dies keine Eintagsfliege wird. Im restlichen Euroraum sieht die Sache dagegen gänzlich anders aus. Hier spielen vor allen Dingen Bankeinlagen und Versicherungen die Hauptrolle.

Was wäre wünschenswert? Natürlich die Einsicht, dass einerseits die Notenbanken und Regierungen in den vergangenen Monaten mit ihren Abermilliarden Dollar und Euro im wesentlichen dazu beigetragen haben, dass die Kapitalmärkte nur so vor Liquidität strotzen. Andererseits werden diese ganzen Gelder langfristig in irgendeiner Art und Weise wieder eingesammelt werden müssen, um potentielle Inflationsgefahren zu begrenzen.

In solch einem Szenario bleiben Sachanlagen, und dazu gehören nun einmal auch Aktien vor allem, attraktiv und werden ihre Stärken ausspielen können. Wer sein Geld auf der Bank lässt, mag sich dagegen kurzfristig zwar in Sicherheit wiegen, wird allerdings unter dem Strich Verluste generieren.

Enttäuschung macht sich breit

Die vorläufigen PMIs des Euroraums für September bestätigten, was die hochfrequenten Statistiken seit August zeigen: Die Erholung verliert an Dynamik. Der PMI des Euroraums für das verarbeitende Gewerbe stieg um 2 Punkte auf 53,7 und erholte sich damit weiter, aber der Dienstleistungsindex fiel erneut um 2,9 Punkte auf 47,6 gegenüber erwarteten 50,5 und zuvor 50,5 Punkten zurück. Die wirtschaftliche Lage Frankreichs ist besonders besorgniserregend. Der PMI war ein großer Fehlschlag und fiel auf 48,5 gegenüber den erwarteten 51,5 und den vorherigen 51,5.

Dies ist der erste Rückgang der Geschäftstätigkeit im privaten Sektor seit Mai. Darüber hinaus wurde der GfK-Konsumklimaindex für Oktober für Deutschland veröffentlicht. Er stagnierte bei -1,6 und lag damit deutlich unter dem Trend vor der COVID-19-Pandemie. All diese Statistiken deuten auf zunehmende Ansteckungsängste hin und bringen erneut Druck auf den Dienstleistungssektor und insbesondere auf die COVID-19-sensitivsten Sektoren, nämlich Dienstleistungen in den Bereichen Freizeit und Kultur, Gastgewerbe und Verkehr

In der „Buchstabensuppe“ zur Beschreibung des Konjunkturverlaufs kommt nach „U“, „V“ und „W“ ein neuer hinzu: die „K“-förmige Erholung steht für die zunehmende Entkopplung zwischen dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor. In Deutschland lag der
September-Flash-PMI für das verarbeitende Gewerbe bei 56,6, dem höchsten Stand seit Sommer 2018, während der Flash-Dienstleistungs-PMI mit 49,1 wieder schrumpft. Die Erklärung für diese Lücke liegt darin, dass das verarbeitende Gewerbe von einer Rückkehr der Auslandsnachfrage mit starken Auftragseingängen profitiert, während die Aktivitäten im Dienstleistungssektor durch das Wiederaufleben neuer COVIDFälle und die Einführung weiterer Restriktionen wieder nach unten gedrückt werden.

Der Kontrast ist auch bei den Beschäftigungsbedingungen auffallend, mit weiteren Arbeitsplatzverlusten im Dienstleistungssektor, aber einer Lockerung des Stellenabbaus in der verarbeitenden Industrie. Dabei decken die PMIs einen Zeitraum ab, bevor die meisten der neuen sozialen Distanzierungsmaßnahmen umgesetzt wurden. Mit anderen Worten, in den kommenden Monaten ist mit weiteren Rückgängen der Aktivitäten im Dienstleistungssektor zu rechnen.

Das „geteilte Europa“ ist wieder im Radar

Aufgrund der schwerwiegenderen Auswirkungen der Pandemie und der höheren wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Sektoren, die für das COVID-19 am empfindlichsten sind, wie z.B. der Tourismus, hinkt die Erholung in Südeuropa hinterher. Abnehmende Dienstleistungsaktivitäten und die Arbeitsplatzverluste in der Peripherie verstärken die Befürchtungen, dass Europa eine Erholung mit zwei Geschwindigkeiten erleben wird.

Wenn dieses Szenario eintritt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Europa zusätzliche Transfers in
den Süden diskutieren muss, die die bereits im Rahmen des Konjunkturpakets „Next Generation EU“ vereinbarten Transfers übertreffen würden.
Wenn wir das Beispiel Spaniens nehmen, das sicherlich das wirtschaftlich anfälligste Land in Südeuropa ist, werden die Nettotransfers nur 82 Mrd. EUR ausmachen – zu wenig, um das Problem adäquat zu adressieren

Während aber in Euroland die Kreditausweitung der Banken mit über einer Bio. USD Gegenwert im Juli einen Spitzwert erreichte, hat die Kreditvergabe in den USA und in China bereits
an Dynamik verloren.
Gerade in China dürfte geldpolitisch der Weg zurück zur Normalität begonnen haben. Die Konsequenzen sind bereits sichtbar in der Entwicklung der Einzelhandelsumsätze und im Produzentenpreisindex. Im Einzelhandel gibt es auf rollierender Jahresbasis kein Wachstum, die Produzentenpreise liegen 2% unter Vorjahr.

Durch die zuletzt gesunkenen Zinsen hat der Immobilienmarkt einen Schub erlebt. So stiegen im August die Umsätze in neu gebauten Wohnimmobilien in den Großstädten der ersten und zweiten Größenklasse (30 Großräume) um 40%. Wie in 2016 wird diese Entwicklung schon in Kürze die Regierung zu einer Verknappung der Kreditfazilitäten zwingen. Daher räumen wir heute das Feld und stellen unsere zwei chinesischen BauträgerAktien China SCE (minus 30%) und CIFI Holding (minus 9%) im ESG-Portfolio zum Verkauf.

Auch in den Vereinigten Staaten kündigt sich eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums für das vierte Quartal an. So bremsen das parteipolitische Gezänk um ein neues Konjunkturpaket und die nahende Präsidentenwahl momentan. Das Stimmungsbarometer für die US Einkaufsmanager fiel im September leicht auf 54,4 Punkte. Der Index für den wichtigen Dienstleistungssektor, der mehr als zwei Drittel der weltgrößten Volkswirtschaft ausmacht, verlor
überraschend deutlich auf 54,6 Zähler von 55 Punkten.

Die kurzfristigen Aussichten bleiben das größte Problem für Investoren. Die US-Wirtschaft hat als Reaktion auf das Auslaufen des CA-RES-Gesetzes an Schwung verloren. Zwar werden die fiskalischen Stimuli realisiert werden, doch ist ihr Zeitpunkt nach wie vor höchst ungewiss, was die sich abzeichnende wirtschaftliche Verlangsamung noch verstärken wird. Darüber hinaus müssen Investoren das Risiko eines Stillstands in Washington, wo das Weiße Haus von Präsident
Biden und der Senat von einer widerspenstigen republikanischen Partei kontrolliert werden könnte, angemessen einkalkulieren.

Wenn dieses Ergebnis eintritt, wird das Risiko einer W-förmigen Rezession erheblich zunehmen. Die bloße Existenz dieses potenziellen Ergebnisses rechtfertigt schon heute eine Risikoprämie. Daher werden Aktien wahrscheinlich solange schlechter abschneiden, bis sich der Wahlnebel auflöst. Die US-Aktienindices sind von ihren Höchstständen Anfang September schon einiges entfernt. Beim Nasdaq-100 sind es 13%, beim S&P 500 10% und beim Dow Jones rund 9%. Hier haben sich im September (kurzfristige) Abwärtstrends herausgebildet.

Bei DAX und Euro Stoxx 50 bewegen wir uns am unteren Rand des Seitwärtstrends aus den vergangenen Monaten. Vom letzten Verlaufshoch sind sie 7 bzw. 9% entfernt. Die nächsten Unterstützungen liegen allerdings mit 12.000 bzw. 3.000 Punkten noch einige Prozentpunkte tiefer und es ist angesichts der Gemengelage nicht mehr auszuschließen, dass diese schon kurzfristig angelaufen werden.

Mittelfristig positive Nachrichten gibt es allerdings auch: Die taiwanesischen Exportaufträge stiegen im August um 13,6% jährlich, das ist das schnellste Wachstum seit zweieinhalb Jahren. Besonders stark waren die Aufträge für Elektronikprodukte und Informations- und Kommunikationsprodukte, die um 28,2% bzw. 26,4% stiegen.

Die Stärke der Daten war geographisch breit gefächert. Die Aufträge in die USA stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 19,5%, während die Exporte nach China und Europa um 21% bzw. 21,2% zunahmen. Die kräftige Erholung der taiwanesischen Exportaufträge bestätigt, dass die Erholung des globalen Produktionszyklus fest im Gange ist.

Der asiatische Wirtschaftszyklus steht im Zentrum der globalen Handelsströme. Vor diesem Hintergrund ist die geografische Ausdehnung der starken taiwanesischen Auftragslage sehr ermutigend. Aus einer mittelfristigen Perspektive (6 bis 12 Monate) ist die anhaltende Erholung der taiwanesischen Exportaufträge eine ausgezeichnete Nachricht. Um die globale Aktienrallye fortzusetzen, bedarf es einer stärkeren globalen Produktionstätigkeit, um die Gewinne zyklischer Aktien anzuheben.

Wir haben uns einmal die Verteilung der Verluste vom massiven Kurseinbruch am Montag
nach Sektoren angesehen.
Es waren die Zykliker und damit das Vertrauen in die konjunkturelle Erholung, die zu wünschen übrig ließen (Grafik auf der folgenden Seite).

Der Buchstabe „V“ trifft auf jeden Fall noch immer für die Struktur der Erholung der Ölnachfrage zu. Die OECD hatte zuletzt ihre eigene Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft in 2021 nach oben korrigiert. In diesem Jahr soll der Rückgang statt der noch im Juni erwarteten minus 6% nur noch minus 4,5% ausmachen. Beim Öl soll der Nachfrageausfall irgendwo zwischen 8,1 und 8,3 Mio. Barrel pro Tag erreichen und im kommenden Jahr um mehr als 7 Mio. Barrel wieder ansteigen.

US-Notenbankpräsident Jerome Powell sorgt für einen echten Knalleffekt.

Wie wir schon in der vergangenen Ausgabe ankündigten, war auf der Sitzung am vergangenen Donnerstag ein neues geldpolitisches Rahmenwerk avisiert. Dieses hat es nun angesichts der großen Herausforderungen für die USWirtschaft richtig in sich. Dabei fokussiert sich die Fed auf drei Dinge:

Die Inflation: Hier rückt die Notenbank von ihrem bisherigen Inflationsziel bei 2% faktisch komplett ab. Das Ziel wird durch den Terminus eines Durchschnittswertes ersetzt, der, so die Interpretationslage, sowohl unter- als auch überschritten werden könnte für eine gewisse Zeit. In dieser Frage beweist die US-Notenbank äußersten Pragmatismus. Denn einerseits liegt die Inflation in den USA schon seit längerer Zeit unterhalb des erklärten Zieles.

Andererseits weiß die Fed natürlich auch, dass ihre Bemühungen, durch massive Liquiditätsprogramme die amerikanische Wirtschaft aufzufangen, bei Erfolg zu einem zumindest zeitlich begrenzten Überschießen der Teuerungsrate führen könnten. In früheren Jahren hätte solch ein Szenario wohl bedeutet, dass die Währungshüter relativ zügig auf die Zinsbremse getreten wären. Das soll es soweit nun nicht geben, auch wenn im Gegenzug Powell Negativ-Zinsen ausschließen will.

Relativ neu ist auch eine stärkere Fokussierung auf den Arbeitsmarkt. Hier will die Notenbank insbesondere die Situation mittlerer und niedriger Einkommen in ihre Politik mit einbeziehen. Ein Umstand, der auch schon von der Vorgängerin Janet Yellen in gewisser Weise angedacht worden war. Letztlich ist es ein klarer Hinweis darauf, dass man den berühmten „kleinen Mann“ nun stärker in geldpolitische Überlegungen mit einbeziehen will. Denn er ist es ja am Ende, der das faktische Rückgrat des so wichtigen privaten Konsums bildet. Und auch die Notenbanker wissen:
Ohne eine wesentliche Belebung des Konsums wird die US-Wirtschaft nicht aus ihrer Talsohle herauskommen.

Das dritte Thema dürfte vor allem für den Kapitalmarkt wichtig sein. Denn erneut stellt sich die USNotenbank quasi als „Last Resort“ dar. Das bedeutet, die US-Konjunktur zu stützen, falls sich die vorerst heillos zerstrittenen Demokraten und Republikaner nicht doch noch auf ein erneutes Konjunkturpaket einigen können. Diese deutliche Transparenz für die Denkweise der Fed könnte ganz grundsätzlich eine erhebliche Beruhigung für den Markt liefern. Zumal damit impliziert ist, dass die Notenbank in diesen Fällen eben auch die Teuerungsrate erst einmal laufen lässt.

Fazit: Die amerikanische Notenbank präsentiert sich in der Krise weiterhin handlungsfähig, auch wenn das Arsenal inzwischen zumindest thematisch ausgeschöpft ist. Mit der neuen Strategie macht man klar, dass man alles auf eine Belebung der Konjunktur ausrichtet und dabei auch bereit ist, alte Gewissheiten und Motive zumindest in die Schublade zu stecken. Das sollte insgesamt im Kapitalmarkt weitere Stütze geben.

Mit Kursgewinnen in den September

Heute erreichte der DAX ein neues „Nach-Corona“-Verlaufshoch. Doch wie schwierig das Terrain zu halten ist, zeigten die Abverkäufe im Verlauf des Nachmittags. Auch dem Nasdaq Index scheint wie in der Sage um Ikarusdie Höhenluft nicht mehr so richtig gut zu bekommen. Die kleine Gruppe von Outperformern hatte nach der heutigen Eröffnung erst einmal Federn lassen müssen. Unser Partner BCA-Research aus Montreal hatte zum Monatsbeginn ein Update seines taktischen Allokationsmodells geliefert. Und dort gab es einige relevante Veränderungen. Während der Energiesektor schon seit November 2019 zu den stark untergewichteten Sektoren zählt, hat sich nun der Technologiesektor wieder dazugesellt. Demgegenüber sahen Rohstoffaktien das größte Upgrade von Zweifach-Minus auf Einfach-Plus. In der gleichen Richtung ging es bei den Finanztiteln und den Aktien aus dem verarbeitenden Gewerbe. Aber sehen Sie sich die Tabelle selbst an.

Bei den Energietiteln muss betont werden, dass eine Änderung der Sektorpräferenz durchaus schon im nächsten Monat passieren könnte, denn die Entwicklung der weltweiten Ölpreise bleibt aufgrund der COVID-19-Pandemie höchst ungewiss. Der durch das Coronavirus verursachte Nachfragerückgang für das Jahr 2020 beläuft sich noch immer auf fast 8 MMb/d. Das sehen die US-Energieinformationsbehörde (EIA) und die Internationale Energieagentur (IEA) mit Sitz in Paris gleichermaßen. Die OPEC schätzt den Nachfragerückgang sogar auf mehr als 9 MMb/d. Der Wiederanstieg der tatsächlichen Ölnachfrage ist in den Daten ersichtlich. Der Anstieg des Ölpreises aufgrund eines schwächer werdenden Dollars und der Stärkung des Welthandels im Zuge der weltweiten fiskal- und geldpolitischen Stimulierung wird sich unseres Erachtens fortsetzen. Wenn man darüber hinaus davon ausgeht, dass Ende des Jahres oder Anfang 2021 ein COVID-19-Impfstoff zur Verfügung stehen wird, wird sich mit ziemlicher Sicherheit die Nachfrage wieder beleben. Die Quintessenz: Früher oder später dürfte Brent wieder bei 65 USD/bbl stehen und WTI etwa 3 USD tiefer.

Derweil sind die Frühindikatoren in den USA weiter positiv. Während die Markt-PMIs für August im Vergleich zu ihren Schnellschätzungen leicht nach unten revidiert wurden, stieg die ISM-Umfrage im verarbeitenden Gewerbe, die mehr Gewicht auf kleinere Unternehmen hat, kräftig von 54,2 auf 56,0 und übertraf damit die Erwartungen von 54,8.

Die ISM-Veröffentlichung zeichnet ein noch optimistischeres Bild, als die Schlagzeilen vermuten lassen. Die Beschäftigungskomponente stieg von 44,3 auf 46,4 und hat alle ihre COVID-19-Verluste ausgeglichen. Darüber hinaus stiegen die Auftragseingänge von 61,5 auf 67,6 und erreichten damit den höchsten Stand seit 16 Jahren. Empirisch gesehen ist die Reihe der Auftragseingänge ein hervorragender Frühindikator für die Industrieproduktion und das BIP-Wachstum. Die positive Botschaft der Auftragseingangsreihe wurde durch einen Rückgang der Teilkomponente Lagerbestände auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2016, einem Zeitpunkt, der das Ende der vorangegangenen Rezession im verarbeitenden Gewerbe markierte, noch verstärkt.

Der sprunghafte Anstieg des Verhältnisses von Auftragseingängen zu den Lagerbeständen ist ein gutes Zeichen für Aktien, gerade weil auch die Anleiherenditen eher sinken.

Die Erholung auf dem US-Arbeitsmarkt hat an Fahrt verloren und die steigende Zahl der dauerhaften Arbeitsplatzverluste ist besorgniserregend. Darüber hinaus haben Arbeitnehmer mit höheren Löhnen seit Ende Mai keinen Beschäftigungszuwachs mehr zu verzeichnen.
Eine Stagnation beim Schaffen neuer Arbeitsplätze war zu erwarten, nachdem anfangs Riesengewinne, die unmittelbar auf die Wiedereröffnung der Wirtschaft folgten, zu verzeichnen waren. Was die Investoren jetzt jedoch beobachten müssen, ist, ob der Zweitrundeneffekt der Konjunkturabschwächung dazu führt, dass Hochverdiener entweder ihre Positionen verlieren oder ihr Einkommen gekürzt wird. Eine solche Entwicklung würde zu einer Zeit, in der die fiskalische Unterstützung nachlässt, zu einem erheblichen Rückgang des Haushaltseinkommens führen. Das Ergebnis wäre ein bedeutender Einbruch des Konsums, der einen Rückfall in der Wirtschaftstätigkeit verursachen würde. Im Moment sind die Sorgen um den Verlust von Arbeitsplätzen/Einkommen für Angestellte noch ohne Konsequenzen. Doch eine negative Entwicklung dieser Situation sollte beobachtet werden, da sie wahrscheinlich eine Korrektur am Aktienmarkt auslösen würde.

In China setzt sich derweil die Erholung des Dienstleistungssektors fort. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Einkaufsmanagerindex von Caixin/Markit hervor. Er lag im August bei 54 (Juli: 54,1) Punkten und zeigte mit einem Wert über 50 weiterhin Wachstum an. Erstmals seit Januar stellten die Firmen des Wirtschaftszweigs mehr Personal ein als sie abbauten. Der Dienstleistungssektor der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt trägt dort rund 60% zum Bruttoinlandsprodukt bei und steht für die Hälfte der Arbeitsplätze in städtischen Regionen.

Die Euro-Kuh ist vom Eis

Sah es Anfang der Woche noch so aus, als könnte der EU-Gipfel zum Beschluss eines beispiellosen Rettungspakets zur Linderung de Corona-Folgen am Widerstand der sogenannten „Sparsamen 5“ – Österreich, die Niederlande und die skandinavischen EU-Staaten – scheitern, wurde in den bekannten Nacht- und Nebel Sitzungen am Ende ein Kompromiss geschmiedet, mit dem augenscheinlich vorerst alle leben können und der von den Märkten ausgiebig gefeiert wurde (siehe folgende Seite).

Das Besondere daran: Auf Drängen der „Sparsamen 5“ wurde der Anteil von zurückzahlbaren Krediten im so betitelten Wiederaufbaufonds deutlich erhöht. War zuvor geplant gewesen, nicht zurückzahlbare Zuschüsse von insgesamt 500 Mio. EUR zu gewähren, sind es nun nur noch 390 Mio. EUR. Allerdings könnte das ganz klassisch ein Pyrrhussieg werden. Denn ob die Kredite tatsächlich jemals zurückgezahlt werden, steht in den Sternen.

Man muss jetzt nicht sonderlich kritisch mit dem Standpunkt der Bundesregierung umgehen, aber Fakt bleibt: Deutschlands Steuerzahler werden wohl so oder so am deutlichsten bluten. Ganz abgesehen davon, dass der deutsche Anteil am regulären EU-Budget von derzeit 30 Mrd. EUR pro Jahr auf rund 40 Mrd. EUR steigen wird. Mal sehen, wie das den Wählern verkauft wird und wo das Geld am Ende herkommt. Die technische Seite des Kompromisses:

Erstmals ist für die Finanzierung nun eine gemeinsame Verschuldung vorgesehen. Die Europäische Kommission soll dafür an den Finanzmärkten Anleihen ausgeben. Die Mitgliedstaaten müssen kein Geld einzahlen, sondern nur eine quotale Ausfallgarantie abgeben. Die 750 Mrd. EUR Schulden soll die EU bis Ende 2058 zurückzahlen. Beginnen wird sie damit noch in diesem mehrjährigen Finanzrahmen, sprich vor 2028. Wie das genau geschieht, hängt maßgeblich davon ab, wie sich die EU künftig finanziert: mit höheren nationalen EU-Beiträgen, einer Kürzung künftiger Haushalte oder neuen Einnahmequellen.

Letztlich wird sich nun in den kommenden Jahren erweisen müssen, wie die Gelder tatsächlich eingesetzt werden. Denn eines dürfte nach wie vor sichtbar sein: Natürlich gibt es durch den Corona-Lockdown viele Baustellen, die man in allen EU-Volkswirtschaften wieder bearbeiten und beleben muss. Aber es wäre auch eine einmalige Chance, um echte Strukturveränderungen in Angriff zu nehmen.

Aber ob diese Chance besonders in Italien und Spanien, den nach allgemeiner Auffassung größten Profiteuren des Wiederaufbaufonds, tatsächlich wahrgenommen und ergriffen wird, bleibt abzuwarten. Wir fürchten aber eher nein. Die spannende Frage wird dann aber sein, wie insbesondere die „Sparsamen 5“ – Deutschland kann man hier inzwischen ausklammern – darauf reagieren werden. So sind die aktuellen Konflikte wohl vorerst mit viel, zu viel Geld verschüttet worden, aber verschwunden sind sie noch lange nicht.

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