Die Tonlage zwischen China und den USA bleibt rau.
Wer gedacht hatte, dass mit einem US-Präsidenten Joe Biden es zwar weiterhin in der Sache hart, in der Wortwahl aber wieder moderater zugehen wird, hat aufs falsche Pferd gesetzt, im Gegenteil:
Spätestens seit dem chinesischen Volkskongress ist klar, dass sich China seiner Stellung in der Welt wohl bewusst ist und diese auch mit Macht festigen will. Dabei ist die Tatsache, dass sich das Reich der Mitte laut seinem nächsten 5-Jahres-Plan stärker auf den Binnenmarkt konzentrieren will, kein Widerspruch. Denn:
China hat erkannt, dass man erst im Inneren Stärke gewinnen muss, ehe man auf der globalen Bühne einen entsprechenden Führungsanspruch formuliert. Dabei wird nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene mit harten Bandagen gekämpft. Denn wer eine geopolitische Führungsrolle einnehmen will, braucht auch einen stabilen und wachsenden Kapitalmarkt. Da kommen die derzeitigen Entwicklungen in den USA fast schon als Unterstützung
Denn dort versucht gerade die Wertpapieraufsicht SEC, sicherlich mit Unterstützung des Weißen Hauses, hart gegen chinesische Unternehmen vorzugehen, die ihre Aktien an der Wall Street gelistet haben. Konkret geht es um die Forderung, dass Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die Bilanzen ausländischer Firmen prüfen, diese Ergebnisse ebenfalls von amerikanischen Regulierungsbehörden kontrollieren zu lassen.
Vordergründig soll damit mehr Transparenz geschaffen werden. Auch wenn hier China nicht explizit genannt wird, weiß allerdings jeder, in welche Richtung es gehen soll. Entsprechend gab es in der vergangenen Woche zum Teil erhebliche Kursverluste in den entsprechenden Werten. Denn als Konsequenz, falls nicht Folge geleistet wird, würde ein Delisting drohen.
Nun sind solche Drohungen nicht ganz neu. Deswegen hatte es ja auch in den vergangenen Monaten solch einen Run in Richtung Hongkong bezüglich Zweit-Listings gegeben. Die chinesische Regierung ihrerseits lockt nun mit einer neuen Idee. Denn man will möglichen Heimkehrern von der Wall Street eine neue Börse auf dem chinesischen Festland anbieten. Das wird zwar nicht von heute auf morgen passieren, hätte allerdings eine extrem interessante Perspektive.
Denn einerseits: Wenn sich die chinesische Mentalität in den letzten 30 Jahren nicht wesentlich verändert hat, so gilt nach wie vor, dass das Reich der Mitte gerne mit Aktien spekuliert. Andererseits haben wir hier in den vergangenen Jahren einen erheblichen Aufschwung bei Vermögenswerten und Vermögenden gesehen. Als Indiz dafür gilt die Vermögensverwaltungsindustrie. Hier wird geschätzt, dass in den nächsten zwei Jahren das verwaltete Vermögen in China auf bis zu 30 Bio. USD zulegen könnte. Wenn sich also Baidu und Co. entschließen, ihre Aktien in China direkt zu notieren, könnte hier nochmals eine interessante Perspektive zur Kapitalaufnahme etc. entstehen.
Zumal China gleich noch ausländische Unternehmen locken will, bspw. ihre chinesischen Aktivitäten separat notieren zu lassen. Das geht natürlich in Richtung Tesla etc. Natürlich stampft man solch eine Börse nicht aus dem Boden. Dennoch könnte hier, mit dem entsprechenden Reglement, eine interessante Alternative, vielleicht sogar Konkurrenz, entstehen. Denn nach wie vor spielt die China-Karte bei vielen westlichen Firmen eine wichtige Rolle auch in der Börsenbewertung. Eine direkte Option könnte entsprechend größere Kapitalströme in Richtung Fernost umlenken. Mal sehen, wie sich die Eskalationsspirale hier weiterdreht.